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3. August 2018
Antrag der SPD-Gemeinderatsfraktion
Perspektiven für den ÖPNV in Stuttgart: Die lebenswerte 5-Minuten-Stadt möglich machen, nicht nur im Talkessel, sondern in der ganzen Stadt!
Wir beantragen zum in neuer Fassung vom Oberbürgermeister am 20. April 2018 vorgelegten Nahverkehrsentwicklungsplan (GRDrs 271/2017 - Neufassung, alte Fassung vom 8. Mai 2017) die folgenden Änderungen:
1. Die 5-Minuten-Stadt möglich machen
Eine Leitlinie des Verkehrsentwicklungskonzepts 2030 ist die Stadt der kurzen Wege. Dieses Leitbild hat Konsequenzen für die langfristige Planung des ÖPNV in Stuttgart, weil nicht nur nachfrageorientierte Ausbaukonzepte in den Blick genommen werden. Wenn alle Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt der kurzen Wege eine Haltestelle in 5 Minuten erreichen sollen, ist das eine angebotsorientierte Ziel-Vorgabe für den Nahverkehr, die derzeit noch nicht erreicht ist. Im Nahverkehrsplan ist als Zielmarke für Bushaltestellen ein Einzugsbereich von 500 Metern Luftlinie, für Stadtbahn-Haltestellen ein Einzugsbereich von 600 Metern Luftlinie vorgegeben. Mit diesen Zielmarken lässt sich die 5-Minuten-Stadt nicht verwirklichen, vor allem nicht in einer Stadt mit der Topografie Stuttgarts, wo die Luftlinie eine Nähe suggeriert, die in Wahrheit große Ferne bedeutet.
Wir beantragen also, dass im Anschluss an den ersten Absatz auf Seite 20 im Abschnitt "3.4.2 Räumliche Erschließung" ein neuer Absatz eingefügt wird, mit diesem Text: "Die Landeshauptstadt vergibt im Jahr 2019 ein Gutachten, mit dem analysiert wird, wo bzw. in welchen Stadtquartieren eine fußläufige Entfernung von 5 Minuten zur nächsten Bus- oder Stadtbahnhaltestelle bereits gegeben ist und wo bzw. in welchen Stadtquartieren das noch nicht der Fall ist. Dabei dürfen nicht nur Luftlinienabstände berechnet werden, sondern es müssen auch tatsächliche fußläufige Entfernungen sowie Höhenunterschiede berücksichtigt werden. In dem Gutachten werden Vorschläge dargestellt, mit denen das Ziel erreicht werden kann, dass jede Bürgerin und jeder Bürger innerhalb von 5 Minuten zu Fuß eine Bus- oder Stadtbahnhaltestelle erreichen kann. Dabei können autonome sowie On-Demand-Systeme mit einbezogen werden."
2. Es geht nicht nur um den Talkessel, sondern um ganz Stuttgart
Die bekannteste verkehrspolitische Zielsetzung der Stadt steht im Aktionsplan "Nachhaltig mobil in Stuttgart" bzw. im Verkehrsentwicklungskonzept 2030: die Zahl der im Kessel Stuttgarts fahrenden Autos mit konventionellen Antriebstechniken soll um 20% reduziert werden. Im Gutachten des Verkehrswissenschaftlichen Instituts im Auftrag von SSB und VVS (Perspektiven des ÖPNV in Stuttgart) wird dieses Ziel mit einer Zielzahl von rd. 340.000 Fahrten pro Werktag über den Kesselrand in 2025 konkretisiert. Im Entwurf des NVEP wird daraus abgeleitet, dass im Vergleich zu den für 2025 prognostizierten Werten knapp 135.000 tägliche Pkw-Fahrten aus dem städtischen Kernbereich "herauszuhalten" seien, wobei immerhin 55.000 Fahrten auf umliegende Straßen und die Autobahnen ausweichen würden. 80.000 Fahrgastfahrten pro Normalwerktag müssten vom ÖPNV übernommen werden. 2025 sollten dann im Kessel knapp über 50% aller motorisierten Quell-, Ziel- und Binnenverkehre durch den ÖPNV erbracht werden.
Angesichts der heute schon gravierenden verkehrspolitischen Belastung der Außenbezirke beantragen wir, dass im Nahverkehrsentwicklungsplan der Abschnitt "3.4.3 Beförderungskapazität" ergänzt wird um einen Absatz, in dem der notwendige Ausbau des Nahverkehrs auch in den Außenbezirken betont wird. Die Stadtverwaltung erarbeitet hierfür einen Beschlussvorschlag.
Klar werden sollten die Herausforderungen, die sich auf der Grundlage des aktualisierten Verkehrsmodells der Region den Außenbezirken stellen werden. Es sollten ähnliche Berechnungen dargestellt werden, wie für den Kessel (siehe oben). Beispielhaft könnte auf die Stadtbezirke Vaihingen und Zuffenhausen eingegangen werden, aber auch auf den Stadtbezirk Bad Cannstatt. Die Notwendigkeit, Tangentialverbindungen auszubauen, sollte deutlich werden. Auch auf die Bedeutung neuer regionaler Haltepunkte in Vaihingen, Feuerbach und Bad Cannstatt sollte hingewiesen werden.
3. Alle Haltestellen sollen auch für Menschen mit Behinderungen erreichbar sein
Wir beantragen, dass im Abschnitt 3.4.5 unten auf S. 28 folgender Satz ergänzt wird: „Die Stadt Stuttgart wird sich gegenüber dem Verband Region Stuttgart als dem Aufgabenträger für die S-Bahn und der Deutschen Bahn AG dafür einsetzen, dass noch fehlende Aufzüge an S-Bahn-Stationen auf Stuttgarter Stadtgebiet nachgerüstet werden (Nordbahnhof, Nürnberger Straße).“
4. Fahrgäste durch bessere Anschlüsse und Bürgerbeteiligung wertschätzen
Wir beantragen, den Abschnitt 4.1. um die folgenden Sätze zu ergänzen: "Auf die Anschlusssicherung muss mehr Gewicht gelegt werden. Gerade am späten Abend ist der Anschluss wichtiger als eine minutengenaue Abfahrt. Es muss kontrolliert werden, ob Anschlüsse tatsächlich erreicht werden. Hierzu wird dem Gemeinderat einmal jährlich Bericht erstattet. Die SSB soll ihre vorgesehenen Fahrpläne, wie inzwischen im Eisenbahnverkehr üblich, neun Monate vorher in den Bezirksbeiräten und in der Öffentlichkeit zur Diskussion stellen und Verbesserungsvorschläge bewerten und ggf. einarbeiten“.
5. Den ÖPNV stabil und gerecht finanzieren: Anteil der Nutzerfinanzierung soll in Zukunft nicht wie in der Vergangenheit immer weiter steigen - Jobticket für alle statt Citymaut!
Die aus dem Gemeinderat der Landeshauptstadt angestoßene große Tarifreform zum 1. April 2019 ist ein großer Schritt auf dem Weg zu einem attraktiveren und gerechter finanzierten Nahverkehr in der ganzen Region. Die Reform ist auch deshalb gut begründet, weil der Anteil der Nutzerfinanzierung in den letzten zehn Jahren gestiegen ist, so steht es auch im Entwurf des Nahverkehrsentwicklungsplans (Seite 53). Für die Zukunft, so heißt es auf Seite 54 des NVEP, bedarf es eines grundsätzlichen politischen Konsenses über den Finanzierungsanteil, den die Nutzer entrichten sollen.
6. Perspektiven für den regionalen Schienenverkehr, die Stadtbahn und den Bus
7. Das Land muss sicherstellen, dass mit der Umsetzung von Stuttgart 21 in den Regionalzügen auch wirklich doppelt so viele Leute fahren können wie heute
Die Stadtverwaltung und/oder die SSB berichten zum Abschnitt 8.4 (Seite 171/172), inwiefern das Land bei seiner Fahrzeugbeschaffung und seinen Leistungsvorgaben den längerfristigen Fahrgastzuwachs in den Regionalzügen sicherstellt.
8. Die Zusammenfassung in Kapitel 8 ist gemäß der vom Gemeinderat beschlossenen Änderungen zu ergänzen.