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Körner am Montag: Landtagswahlen von 2001 bis 2021

Veröffentlicht am 15.03.2021 in Woche für Woche

Landtagswahl: Glückwunsch an Winfried Kretschmann und Katrin Steinhülb-Joos

Zwar mache ich seit sechs Jahren vor allem Stuttgarter Kommunalpolitik. Seit zwanzig Jahren habe ich aber auch viel mit der Landespolitik zu tun: als parlamentarischer Berater im Landtag, als Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, als Landtagskandidat. Da nehme ich natürlich schon Anteil an einer Landtagswahl – zumal an einer so besonderen wie der gestrigen.

Glückwunsch also an Winfried Kretschmann für eine überzeugende Wiederwahl. Glückwunsch aber auch an Katrin Steinhülb-Joos, die in Stuttgart wieder ein Landtagsmandat mit der SPD gewinnen konnte. Sie leitet die Altenburgschule in Bad Cannstatt – eine erfolgreiche Stuttgarter Gemeinschaftsschule. Sie wird den Landtag bereichern!

Landtagswahl 2001 – vor zwanzig Jahren holt Ute Vogt mit der SPD 33%

Vor zwanzig Jahren war ich als Wahlkampfleiter der SPD-Kandidatin Inge Utzt das erste Mal so richtig aktiv für die Stuttgarter SPD. Damals reichte es für Inge Utzt ganz knapp für das Direktmandat – genau in dem Wahlkreis, den Katrin Steinhülb-Joos in den kommenden fünf Jahren im Landtag vertreten wird. Mit ihr und mit Rolf Gaßmann war Stuttgart zwischen 2001 und 2006 mit zwei sozialdemokratischen Abgeordneten im Landtag vertreten. Ute Vogt holte als Spitzenkandidatin 33%, Erwin Teufel von der CDU gewann trotzdem die Wahlen – mit 45% und der FDP konnte er weiterregieren. Die Grünen lagen damals bei 7,7% und hatten im Vergleich zu 1996 sogar 4,5 Prozentpunkte verloren. Seitdem hat sich so viel geändert.

Günther Oettinger und Stefan Mappus regieren das Land zwischen 2006 und 2011

Ute Vogt trat 2006 erneut an, kam aber „nur“ noch auf 25% - oder sollte man mit dem Blick auf die heutigen SPD-Ergebnisse eher von „fantastischen“ 25% sprechen? Ich war damals parlamentarischer Berater der SPD-Landtagsfraktion, hatte bei der kurzfristig vorgezogenen Bundestagswahl im Herbst 2005 für die SPD kandidiert und mit 38,6% der Erststimmen meinerseits knapp das Direktmandat verpasst. Schröder hatte knapp gegen Angela Merkel verloren, die in Berlin die erste große Koalition unter ihrer Führung regierte.

Im Land bestätigte die CDU mit Günther Oettinger an der Spitze ihr Ergebnis von 2001. Sie kam auf 44% und konnte mit der FDP einfach weitermachen. Die Grünen machten ihre Verluste von 2001 wieder wett und kamen auf rd. 12%. – also alles wie gehabt? Na, ja – nicht ganz. Günther Oettinger stolperte über den Tod Hans Filbingers. Er hielt eine umstrittene Rede bei der Beerdigung des ehemaligen Ministerpräsidenten. Beim Zuhören konnte man den Eindruck gewinnen, Hans Filbinger sei im dritten Reich eine Art Widerstandskämpfer gewesen, und das war er wohl eher nicht.

Angela Merkel zeigte, dass sie auch anders kann. Günther Oettinger wurde nach Brüssel befördert – zum Kommissar für Energie. Stefan Mappus wurde neuer MP und machte Energiepolitik auf seine Weise. Am Parlament vorbei kaufte er im Dezember 2010 mal eben die Hälfte der EnBW – für immerhin 4,67 Mrd. Euro und mit tatkräftiger Unterstützung eines CDU-Spezies, der das Geschäft einfädelte. Ein hochrangiger CDU-Landespolitiker gestand mir mal, dass Stefan Mappus seiner Ansicht nach einfach kein Demokrat sei! Das Verfassungsgericht erklärte Mappus‘ Vorgehen Jahre später für verfassungswidrig. Da war er aber schon nicht mehr Ministerpräsident. Der heißt seit 2011 Winfried Kretschmann, und das hatte damals sehr viel mit der Reaktorkatastrophe von Fukushima zu tun, die sich wenige Wochen vor der Landtagswahl ereignete.

Landtagswahl 2011 im Zeichen von Fukushima und Stuttgart 21

Anfang März 2011 hatte die SPD in Umfragen noch zwischen 24 und 26% gelegen. Die Grünen rangierten bei 20%, die CDU lag um die 40%, die FDP kämpfte um die 5-Prozenthürde. Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb. Ich kandidierte damals für den Landtag, hatte aber auch meiner ersten Erfahrungen in der Kommunalpolitik gemacht. Als Bezirksvorsteher von Stuttgart-Ost durfte ich eine Einwohnerversammlung im Januar 2011 erleben, an einem Montagabend – mit Montagsdemo zu S21 inklusive. Die Proteste gegen das Projekt liefen zwar noch, hatten aber ihren Höhepunkt im Sommer 2010 mit dem furchtbaren Polizeieinsatz im Schlossgarten überschritten. Durch die Schlichtungsgespräche im Stuttgarter Rathaus standen Grüne und CDU mit viel Sendezeit im Scheinwerferlicht. Die SPD ging mit dem Vorschlag eines Volksentscheids in die Landtagswahl. Der Wahlkampf war spannend ohne Ende.

Mit Fukushima legten die Grünen nochmal richtig zu. Die Risiken der Atomkraft standen plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Die Grünen kommen mit Winfried Kretschmann an der Spitze mit 24% einen Prozentpunkt vor der SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Nils Schmid ins Ziel. Stefan Mappus holt zwar 39%, die FDP kommt aber nur knapp über 5% - es reicht für die erste grün-rote Landesregierung. Als Fraktionsgeschäftsführer bin ich bei den Koalitionsverhandlungen im Haus der Architekten dabei. Es herrscht Aufbruchstimmung. Nach vielen Jahrzehnten CDU-geführter Landesregierung endlich etwas Neues!

Und dann kommen die Mühen der Ebene. Ich selber bin gar nicht mehr so eng dabei - Im Herbst 2011 gehe ich in Elternzeit, im Mai 2014 werde ich in den Gemeinderat gewählt und übernehme dort den Vorsitz der SPD-Fraktion. Die Finanzen des Landes liegen in diesen Jahren darnieder. In den Haushaltsplänen liegt der Finanzierungssaldo weit über einer Mrd. Euro im Minus. Zum Vergleich: das Haushaltsjahr 2019 hat das Land Baden-Württemberg mit einem positiven Finanzierungssaldo von 3,435 Mrd. Euro abgeschlossen. Damals musste gespart werden – eine Haushaltsstrukturkommission entwickelt sich zur mächtigsten Politinstitution der grün-roten Landesregierung. Das ist nicht gerade populär. Die SPD stellt den Finanzminister.

Die SPD verliert auch im Bund an Zustimmung. Bei Infratest dimap liegt die Bundes-SPD im März 2016 bei 22%. Ganz im Gegensatz dazu findet der grüne Ministerpräsident die richtigen Worte eines Landesvaters, wie ihn sich die Badener und Württemberger nur wünschen. Das Ergebnis ist bekannt.

Bei der Landtagswahl 2016 stürzen CDU und SPD ab – die Grünen werden stärkste Kraft …

… und die FDP ist für eine Ampel unter Führung von Winfried Kretschmann nicht bereit. So wird es Grün-Schwarz – eine Komplementärkoalition, die das Land mit Geld zuschütten kann. Die Steuereinnahmen explodieren. Die Finanzierungssalden sind positiv. Sie liegen 2017 bei 2,126 Mrd. Euro, in 2018 bei 3,052 Mrd. Euro, der Wert für 2019 steht oben. Die Rücklagen liegen im Milliardenbereich. Die CDU entscheidet sich früh für Susanne Eisenmann als Spitzenkandidatin. Ich kenne sie aus der gemeinsamen Zeit im Gemeinderat der Landeshauptstadt. Sie war CDU-Fraktionsvorsitzende, im Anschluss Bürgermeisterin für Kultur und Schule. Jetzt leitet sie das Kultusressort auf Landesebene – tatkräftig, aber mit wenig Rücksicht auf Verluste und im Gespräch mit Schulvertretern gerne auch mal austeilend.

So nimmt das Schicksal seinen Lauf. Auf Landesebene kann es eigentlich nur einen oder eine geben: den Ministerpräsidenten (wie in Baden-Württemberg) oder die Ministerpräsidentin (wie in Rheinland-Pfalz). Susanne Eisenmann schneidet in Umfragen im Vergleich zu Winfried Kretschmann so richtig schlecht ab. Oppositionsarbeit im Landtag wird faktisch so gut wie gar nicht wahrgenommen. Die SPD liegt in Umfragen im Bund bei 16 bis 17%. Das Corona-Management der CDU im Bund wird zunehmend kritisch gesehen. Davon kann die FDP profitieren. Und so kommt es, wie es kommen muss.

Die gestrige Landtagswahl und die Gretchenfrage: wer soll Baden-Württemberg regieren?

Es ist schon erstaunlich, wie symmetrisch die Ergebnisse der gestrigen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ausfallen. Klar ist in beiden Ländern, die mal Stammland der CDU waren: die CDU hat dramatisch an Zuspruch verloren. Jenseits der CDU entstehen neue Regierungskonstellationen. In Rheinland-Pfalz funktioniert die Ampel gut. Warum soll sie nicht auch in Baden-Württemberg funktionieren? Ich würde mir das wünschen!

Für Stuttgart kann das nur gut sein. Immerhin stellen Grüne, SPD und FDP sechs der sieben Stuttgarter Landtagsabgeordneten. Glückwunsch an Muhterem Aras, Friedrich Haag (FDP), Winfried Hermann, Oliver Hildenbrand, Petra Olschowski und Katrin Steinhülb-Joos (SPD) und natürlich auch an Reinhard Löffler von der CDU. Bitte setzt Euch für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger Stuttgarts ein. Es geht um viel in den kommenden Jahren, zum Beispiel endlich eine wirksame Politik für bezahlbares Wohnen auf den Weg zu bringen – das wünsche ich mir sehr für unsere Stadt!

 

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