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Anträge März 2023


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Rosensteinquartier – eine Jahrhundertchance der Stadtentwicklung in Stuttgart Bevor weitere wichtige Entscheidungen getroffen werden, müssen alle Fakten auf den Tisch

Antrag der CDU-Gemeinderatsfraktion, SPD-Gemeinderatsfraktion, FDP-Gemeinderatsfraktion, Freie Wähler-Gemeinderatsfraktion

6. März 2023

Mit der Stadtentwicklung auf den bisherigen Gleisflächen des Hauptbahnhofs bekommt Stuttgart die Chance auf eine enorme Stadtentwicklung, wie es sie seit dem Ende des zweiten Weltkriegs und dem Wiederaufbau unserer Stadt nicht mehr gegeben hat. Die heutigen Verantwortlichen in Gemeinderat und Stadtverwaltung tragen Verantwortung für die Gestaltung ganzer neuer Stadtteile unserer Stadt für die nächsten 100 Jahre. Mit der Erfahrung, dass wir heute häufig die Entscheidungen der Stadtplanung der Wiederaufbaujahre zu Recht kritisieren, wird einem die große Verantwortung für die Entscheidungen der nächsten Monate und Jahre für die anstehende Stadtentwicklung sehr bewusst.
Mit Antrag 154/2017 vom 19.05.2017 forderten daher die Fraktionen von CDU, SPD, Freien Wählern und FDP, dass für die Entwicklung der neuen Stadtgebiete ein internationaler Städtebauwettbewerb ausgeschrieben werden soll, um die Ideen der besten Köpfe der Stadtplanung vorgestellt zu bekommen.
Dieser gemeinsame Vorschlag der Fraktionen fand in Gemeinderat und Stadtverwaltung große Unterstützung und so wurde der Wettbewerb im Jahr 2018 durchgeführt. Im Juli 2019 wurde von der Jury der Wettbewerbsbeitrag des Stuttgarter Büros ASP zum Sieger gekürt. Seither wird vom Siegerbüro und der Stadtverwaltung an der Weiterentwicklung des Wettbewerbsergebnisses hin zu einem Rahmenplan gearbeitet, der dann als Grundlage für die konkrete Stadtentwicklung und Bebauungspläne verwendet werden soll.
Wir stellen nun immer mehr fest, dass sich seit der Ausschreibung des Städtebauwettbewerbs zahlreiche gesellschaftliche Rahmenbedingungen geändert haben und dass auch durch die Weiterbearbeitung des Wettbewerbsergebnisses hin zum Rahmenplan wichtige Elemente der Wettbewerbsidee nicht weiter realisiert werden sollen.
Als Erstes müssen wir feststellen, dass seit der Schlichtung 2010 zum Projekt Stuttgart 21 unter Heiner Geißler, der Bedarf an (kostengünstigem) Wohnraum in Stuttgart enorm zugenommen hat. So hat neben dem ohnehin hohen Wohnungsmangel z.B. die Flüchtlingswelle von 2015 und 2016 sowie die aktuelle Flüchtlingszuwanderung nach Stuttgart nochmal zu erheblich mehr Wohnraumbedarf geführt. Parallel zu diesen Entwicklungen wurde die geplante Wohnungszahl auf den Rosensteinflächen kontinuierlich kleiner, durch mehr notwendige Flächen für Kitas, Schulen, Grünflächen oder leider auch für Eidechsen. Aus diesem Grund sind wir der Überzeugung, dass wir nochmals darüber nachdenken müssen, ob die in der Schlichtung 2010 vereinbarten 20 Hektar an Parkerweiterung auf Flächen, die heute bereits versiegelt sind, in dieser Größenordnung noch verantwortbar sind oder ob hier nicht doch so zentral gelegen und bestens mit Mobilitätsinfrastruktur erschlossen, mehr Wohnungsbau möglich sein muss. Der im Siegerentwurf neu anzulegende Gleisbogenpark auf bisherigen Gleisflächen ist unabhängig davon auch immer wieder Teil einer Diskussion, zuletzt angestoßen vom IBA-Intendanten Andreas Hofer, ob die neuen Rosensteinquartiere wirklich mit dem Bestand im Nordbahnhofviertel zusammenwachsen oder ob die Parkerweiterung eine gefühlte Insellage der neuen Wohnquartiere zur Folge hat – was eigentlich niemand möchte.

Neben dem wichtigen Ziel, möglichst viele Wohnungen zu schaffen, möchte der Gemeinderat auf den neuen Flächen zu recht auch Stadtquartiere entwickeln, die zahlreiche Angebote der Nahversorgung beinhalten. Der Bäcker, der Zeitschriftenladen, der kleine „Späti-Shop“, Gastronomie oder ein Friseur, um nur einige Beispiele zu nennen, sollen die Quartiere belebt und attraktiv machen. Wir wissen aber alle, dass solche Elemente nur funktionieren, wenn im Umfeld genügend Menschen als Kunden leben und arbeiten. Wir haben zumindest Bedenken, ob die große und unbebaute Fläche des geplanten Gleisbogenparks hier dazu negativ beiträgt, dass eben gerade nicht genügend Menschen dort leben und arbeiten werden, um ein funktionierendes Gebiet zu schaffen und den wirtschaftlichen Erfolg für Gewerbetreibende zu ermöglichen.
Leider finden sich mittlerweile in der Weiterentwicklung des Siegerentwurfs auch die zahlreichen Wasserflächen im öffentlichen Raum nicht mehr. Wir bedauern dies sehr, war doch gerade das Element Wasser ein wichtiger Grund für die Entscheidung für den ersten Platz im Wettbewerb.    
Darüber hinaus wurden durch die Stadtverwaltung aber auch ganz andere Veränderungen am Wettbewerbssieger gefordert. Wir müssen leider feststellen, dass zahlreiche markante Hochpunkte in der Bebauung im Siegerentwurf zwischenzeitlich von der Stadtverwaltung verhindert werden. Mit der Begründung der Klimatologie und möglicher Verschlechterung der Luftströmungen und damit einer eventuellen geringen Erwärmung in den neuen Stadtquartieren und in Teilen des Talkessels, wurden diese punktuell höheren Gebäude gestrichen. Die vorlegten ingenieurwissenschaftlichen Begründungen sollten nochmals von unabhängiger Seite geprüft werden, da sie weitreichende Konsequenzen für die Dichte des Quartiers und die Zahl der möglichen Wohnungen haben. Wir halten den Wegfall von markanten Hochpunkten zum einen für architektonisch falsch und dem Siegerentwurf widersprechend und im Zusammenhang mit dem großen Wohnungsmangel nicht zu rechtfertigen. Diese Abwägung und Entscheidung kann nicht allein durch die Stadtverwaltung, sondern sollte vom Gemeinderat auch mit externer Unterstützung getroffen werden.
Und nicht zuletzt wurde seit der Veröffentlichung des Siegerentwurfs auch die Geländemodellierung von den neuen Stadtquartieren auf den bisherigen Gleisflächen hinunter zum Schlossgarten und zum Stadtbezirk Stuttgart-Ost im Auftrag der Stadtverwaltung deutlich verändert. Was im Siegerentwurf noch eine flach vom Schlossgarten ansteigende Geländekontur war, ist heute eine recht steile Geländeabbruchkante. Mit der Begründung, dadurch müsse weniger Erdaushub bewegt und entsorgt werden, schlägt die Stadtverwaltung hier nun eine weiterhin deutlich spürbare Trennung der neuen Stadtquartiere zum Stuttgarter Osten hin vor. Nicht nur für mobilitätseingeschränkte Personen (die sich über unendlich lange Rampenbauwerke auf das obere Stadtniveau hinaufarbeiten müssten), stellt ein solcher Geländeverlauf eine Trennung der Stadtbezirke Nord und Ost dar, der ja aber gerade durch den Entfall der bisherigen Gleisflächen künftig aufgehoben werden soll, und nicht für weitere Jahrhunderte neu fixiert werden soll.

Vor dem Hintergrund, dass der aktuelle Gemeinderat so wichtige städtebauliche Entscheidungen für unsere Stadt treffen darf, wie es seit vielen Jahrzehnten nicht mehr der Fall war, beantragen wir vor diesen weiteren Beschlussfassungen:

1.) Der Gemeinderat debattiert über die Frage, ob die über ein Jahrzehnt alte Zielmarke, 20 Hektar der bisherigen Gleisflächen für Parkerweiterung (Gleisbogenpark) zu nutzen noch in die heutige Zeit und in die Zukunft unserer Stadt passt oder ob hier bei der Erstellung des Rahmenplans teilweise nachgesteuert werden muss, damit mehr Wohnraum geschaffen werden kann.

2.) Vor dieser Debatte beauftragt die Stadt eine wissenschaftliche Untersuchung, ob die aktuell geplanten Zahlen an künftigen Einwohnerinnen und Einwohner sowie dortiger Arbeitsplätze in den neuen Stadtquartieren zu einer dauerhaften Funktionsfähigkeit von lokalen Geschäften, Dienstleistern und Gastroangeboten führen kann oder ob die möglichen Nutzerzahlen für belebte Stadtquartiere noch zu gering sind.
3.) Die Stadtverwaltung und das Wettbewerbs-Siegerbüro stellen gegenüber, welche höheren Gebäude aus dem Wettbewerb nun nicht mehr geplant werden sollen und wie viele Wohneinheiten dadurch entfallen würden. Die Stadtklimatologie stellt ihre Berechnungen dar und im Anschluss entscheidet der Gemeinderat über Anzahl und Ausprägung der höheren Gebäude. Die Einbindung externer Expertise ist hierbei wichtig.
4.) Die Frage einer nutzerfreundlichen Gestaltung der Geländemodelierung entsprechend dem Wettbewerbsergebnis am Übergang der „neuen Stadt“ (Rosensteinquartier) zur „alten Stadt“ (Schlossgarten und Osten) wird dem Gemeinderat vorgestellt. Dabei werden die Gründe der Stadtverwaltung für eine Änderung zu einer Art „Barriere“ im Stadtgebiet vorgestellt und der Gemeinderat entscheidet dann, welche Variante weiterverfolgt werden soll.

 

 

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